Bürger*innenforschung für Frankfurter Stadtbäume
Veröffentlicht in Forschung · Donnerstag 06 Mai 2021
(6.5.2021) Hitze, Trockenheit, Versiegelung – den Frankfurter Stadtbäumen geht es nicht gut, viele der knapp 200.000 Bäume sind bereits geschädigt. Ein Projekt des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums erprobt in Kooperation mit der Senckenberg-Ausgründung Phytoprove und der Stadt Frankfurt eine neue biophysikalische Monitoringmethode, mit der der Stresszustand der Bäume gemessen wird, bevor Schädigungen sichtbar werden. Im Mai beginnt die zweite Saison des Projektes „MainStadtbaum“ – engagierte Bürger*innen sind wieder herzlich eingeladen, mitzuforschen.
Das auf drei Jahre ausgelegte und von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt geförderte Citizen Science-Projekt „MainStadtbaum“ erfasst mit einer neuen Methode den Zustand von Straßen- und Stadtbäumen in ganz Frankfurt. Die durch die Klimakrise bedingten extrem trockenen und heißen Sommer der letzten Jahre haben bei diesen große Schäden und Verluste verursacht. Aufgrund begrenzter Kapazitäten kann die Stadt in Trockenzeiten nicht alle Bäume bedarfsgerecht bewässern. Die Beurteilung ihres Zustands, noch bevor Schädigungen sichtbar werden, könnte eine gezielte und effiziente Bewässerung und Pflege der am stärksten gefährdeten Bäume ermöglichen.
Frankfurter Stadtbäume leiden unter den heißen und trockenen Sommern der letzten Jahre.
Foto: Senckenberg
„Das Projekt soll zeigen, welche Standorte und Baumarten am stärksten betroffen sind, wann und wie eingegriffen werden müsste, um irreversible Schäden zu vermeiden und wie hoch die Aussagekraft und der Aufwand eines solch großflächigen Monitorings sind. Wir wollen zudem für den Zustand und die Pflege der Stadtbäume sensibilisieren“, so Projektleiter Dr. Thomas Berberich, Wissenschaftler am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und Phytoprove-Gründer. Bürger*innen messen im Projekt unter Anleitung von Senckenberg-Wissenschaftler*innen und in Kooperation mit der Senckenberg-Ausgründung Phytoprove bis Ende 2022 während der Vegetationsperiode den Zustand der Bäume, die gemeinsam mit dem Grünflächenamt ausgewählt wurden.
Erfolgreicher Projektstart in 2020
Die erste Saison 2020 verlief trotz einiger Corona-bedingter Einschränkungen vielversprechend: 52 Teilnehmende und zusätzlich eine Jugend-Pfadfinder*innengruppe maßen von Juni bis Ende September an 27 über das ganze Stadtgebiet verteilten Standorten den Zustand von 128 Bäumen. Die Zusammensetzung war breit gefächert: Schüler*innen, Stadtteil- und Umweltinitiativen, Familien und zahlreiche engagierte Privatpersonen sowie zwei Teams des Umwelt- und des Grünflächenamtes. Letzteres erprobt aktuell zahlreiche neue Methoden und Ansätze, um die Stadtbäume für den Klimawandel fit zu machen. An den Bäumen maßen die Teilnehmer*innen alle zwei Wochen mit zwei Handgeräten die Blattfluoreszenz und den Chlorophyllgehalt, woraus die Auswertungssoftware die Vitalität und aktuelle Stressfaktoren berechnete.
Anbringung von Blattclips zur Vorbereitung der Messung der Photosynthese-Aktivität im Rahmen der Projektes „MainStadtbaum“ Foto: Senckenberg
Begeisterte Teilnehmer*innen und erste Ergebnisse
Bereits die Messergebnisse der Saison 2020 zeigen, dass die Methodik eine frühe Diagnostik ermöglicht: Bei Bäumen, die nach äußerem Anschein gleich fit schienen, offenbarte die Messung eine sehr unterschiedliche Vitalität und Stressbelastung. Bäume mit schlechteren Messwerten wiesen früher sichtbare Schädigungen auf und ließen auch früher die Blätter fallen. Dank enger Einbindung der zuständigen Ämter fließen die Ergebnisse direkt in deren Arbeit ein. Sehr erfreulich waren auch die Rückmeldungen der beteiligten Citizen Scientists, deren Hauptmotivation vor allem das Interesse an Umweltthemen und der Wunsch, sich für die (Frankfurter) Stadtbäume einzusetzen, war. Aber auch der Einblick in und die Mitwirkung an Forschung sowie die Vernetzung mit Gleichgesinnten waren wichtige Aspekte, wie die nach Saisonabschluss durchgeführte Umfrage belegt. Thomas Berberich freut die positive Resonanz: „Ohne die Zusammenarbeit mit den vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern und Bürgern wäre ein so breit angelegtes Forschungsprojekt nicht möglich!“
Arborcheck-Messkoffer, der die für die Messungen notwendigen Geräte enthält.
Foto: Senckenberg
Die neue Projektsaison beginnt Mitte Mai. Zur Teilnahme eingeladen sind Frankfurter*innen, die in der Vegetationsperiode von Mai bis September nach einer Einweisung zweimal pro Monat den Zustand ausgewählter Bäume im Stadtgebiet messen können. Der Saisonauftakt findet am Samstag, 8. Mai, um 15 Uhr als digitale Veranstaltung statt. Die individuelle Einweisung findet dann jeweils einzeln unter Wahrung der jeweils geltenden Hygiene- und Abstandvorschriften statt.
(Sabine Wendler, Senkenberg)
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