Warum man Bäume mit einem „Fahrradlenker“ pflanzt
Beim Pflanzen von Waldbäumen gilt der Blick vor allem der Wurzel: Sie muss pfleglich in den Boden gebracht werden – bei einer Vielzahl von möglichen Pflanzwerkzeugen gilt es den Überblick zu behalten. Foto: Daniela Haedicke-Tröger
(25.7.2024) In den letzten Jahren wurden so viele Jungbäume in die heimischen Waldböden gepflanzt, wie nie zuvor. Allein die ThüringenForst-AöR geht in den letzten drei Jahren von insgesamt sechs Millionen Setzlingen aus. Und auch dieses Jahr werden wohl wieder rund zwei Millionen Eichen, Buchen, Tannen & Co. hinzukommen.
Diese Erfolge sind auch auf das Engagement vieler Helferinnen und Helfer zurückzuführen, die unter Anleitung von Forstleuten und Waldbesitzenden in der Pflanzzeit im Frühjahr und Herbst selbst Hand anlegten. Und dabei lernten: Für einen guten Start der jungen Bäume ist es sehr wichtig, dass die Wurzeln bei der Pflanzung ungestört und ohne Deformation in den Boden gebracht werden. Damit dies gewährleistet wird, ist das richtige Pflanzverfahren und –werkzeug entscheidend.
Die Wurzel ist beim Pflanzen das A und O
„Zwei standardisierte Pflanzverfahren sind seit Jahrzehnten in der Forstwirtschaft geläufig. Die Klemmpflanzung und die Lochpflanzung. Beide haben ihre Berechtigung. Und beide dienen nur einem Ziel: Die Wurzel des Setzlings möglichst schadlos in den Boden zu bekommen“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand.
Dabei ist die Klemmpflanzung ein Pflanzverfahren, das im Waldboden nur einen Spalt öffnet, in den die Forstpflanze mit den Wurzeln eingeschwungen wird. Als Werkzeug dient eine Hacke. Bei kleinen, maximal zweijährigen Sämlingen mit entsprechend kleinem Wurzelwerk ist dieses Pflanzverfahren ausgesprochen effizient. Je höher der Tonanteil im Boden, umso besser ist die Wasserversorgung für den Sämling. Was aber tun, wenn eine mehrjährige Pflanze mit größerem, dreidimensionalem Wurzelwerk oder gar mit einem Wurzelcontainer gepflanzt werden soll? Dann reicht ein Pflanzspalt nicht aus.
Hier ist der Einsatzbereich der leichter zu erlernenden Lochpflanzung. Mit einem Hohlspaten oder anderem grabendem Werkzeug wird hier ein größeres Pflanzloch hergestellt, das so groß ist, dass das Wurzelwerk bzw. der Ballen vollständig hineinpasst. Der Nachteil hier: Die Effizienz ist geringer, weil die Pflanzarbeit selbst deutlich anstrengender und zeitintensiver ist. Entscheidend bleibt aber, dass der Pflanzspalt oder das Pflanzloch zum Wurzelwerk passt – und nicht das Wurzelwerk in das Pflanzloch „gedrückt“ wird.
Wurzeldeformationen müssen bei der Pflanzung unbedingt vermieden werden
Waldbäume wurden früher in der Regel wurzelnackt gepflanzt. Die Verwendung von Pflanzen mit schützendem Container oder einem Wurzeltopf, sog. Ballenpflanzen, nimmt bei der Waldpflanzung in den letzten Jahren zu. Aber egal ob wurzelnackte Pflanze oder Ballenpflanze, es ist das Wichtigste, dass Wurzeldeformationen vermieden werden.
Von Wurzeldeformation spricht der Experte, wenn das Wurzelwerk beim Pflanzvorgang horizontal gekrümmt, korkenzieherartig gedreht oder sonst wie verformt wird. Dann wird das Ziel der Kulturanlage, nämlich gesunde, geradwüchsige Bäume entstehen zu lassen, gefährdet. Entsprechend gibt es eine Vielzahl von Pflanzwerkzeugen: Da gibt es die Buchenbühler Haue, die Rhodener Haue, den Göttinger Fahrradlenker, den Hohlspaten und das motorgetriebene Erdbohrgerät. Ihre Verwendung hat oft regionalen Bezug, auch zu regionalen Bodentypen.
(Dr. Horst Sproßmann)