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Sozialer Gesundheitsdienst bei Borkenkäfern - Schadorganismen

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Sozialer Gesundheitsdienst bei Borkenkäfern
Drei weibliche Ambrosiakäfer in ihrem Nest. Foto: Gernot Kunz
Drei weibliche Ambrosiakäfer in ihrem Nest.  
Foto: Gernot Kunz
(6.1.2020) Krankheitserreger können bei Insekten die Evolution sozialer Verhaltensweisen vorantreiben. Das zeigen Forscher aus Bern und Würzburg am Beispiel von Ambrosiakäfern, einer Gruppe von Borkenkäfern.

Ameisen und Honigbienen leben in ihren Nestern zu Hunderten oder Tausenden auf engstem Raum zusammen. Das Risiko, dass sich ansteckende Krankheiten schnell ausbreiten, ist darum sehr hoch. Um diese Gefahr zu verringern, haben die Tiere spezielle soziale Verhaltensweisen entwickelt. Die Wissenschaft spricht hier von einer „sozialen Immunabwehr“. Diese ist jedoch - wie die neue Studie zeigt - in der Evolution nicht erst bei den staatenbildenden Insekten entstanden. Sie kommt auch bei Ambrosiakäfern vor, die sich ebenfalls gegenseitig reinigen.
Das berichten drei Wissenschaftler im britischen Fachjournal Proceedings of the Royal Society B. Die Autoren sind Jon A. Nuotcla und Michael Taborsky von der ↗Universität Bern und Peter Biedermann von der ↗Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg.

Käfer ziehen Geschwister auf

„Ambrosiakäfer betreiben kooperative Brutpflege und leben gruppenweise in Nestern, die nicht so streng organisiert sind wie die Staaten der Bienen und Ameisen“, sagt Jon Nuotcla, Doktorand am Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern und Erstautor der Studie. Bei diesen Käfern können die Arbeiterinnen frei entscheiden, ob sie ihren Müttern im Nest bei der Brutpflege helfen, also Geschwister aufziehen, oder ob sie auswandern und eigene Nester gründen.
„In der Evolution von Sozialverhalten nehmen Ambrosiakäfer eine Zwischenstufe zwischen den einzeln und den sozial lebenden Insekten ein“, verdeutlicht Peter Biedermann, der am Biozentrum der JMU forscht und die Experimente ko-betreut hat. „Doch bei der Vorbeugung von Krankheiten verhalten sie sich schon wie soziale Insekten.“
Ein Ambrosiakäfer, der von Aspergillus-Pilzen befallen und getötet wurde. Foto: Peter Biedermann
Ein Ambrosiakäfer, der von Aspergillus-Pilzen befallen und getötet wurde. Foto: Peter Biedermann
Pilzsporen lösen gegenseitiges Putzverhalten aus

„Unsere Experimente weisen darauf hin, dass die Abwehr von Krankheitserregern ein wichtiger Faktor für die Evolution von Sozialverhalten ist“, sagt Michael Taborsky vom Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern und Leiter der Studie. Sprühten die Wissenschaftler Sporen des krankheitserregenden Pilzes Aspergillus in die Käfernester, fingen die Arbeiterinnen verstärkt damit an, ihre Artgenossinnen zu putzen.  
„In verpilzten Nestern waren sie ausserdem eher geneigt, sich in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen: sie bleiben dann länger im Nest, um in der Brutpflege mitzuhelfen“, ergänzt Taborsky.
 
Als nächstes wollen die Forscher untersuchen, ob im Speichel der Ambrosiakäfer womöglich antibiotische Wirkstoffe stecken, welche die Sporen der Aspergillus-Pilze abtöten. Fraglich wäre dann auch, wie die Käfer vermeiden können, dass die pathogenen Pilze Resistenzen entwickeln.
Ein Käfer, der Landwirtschaft betreibt
Ambrosiakäfer gehören zu den Borkenkäfern, die ökonomischen  Schaden anrichten, indem sie Bäume befallen und zum Absterben bringen  können. Ambrosiakäfer befallen Nadel- und Laubbäume und sind weltweit  mit mehreren tausend Arten vertreten. Sie besiedeln bevorzugt die Stämme  alter, absterbender Bäume, die Alkohol produzieren. Die Ambrosiakäfer  zieht das an – denn hier können sie artspezifische Pilze züchten. Diese  Ambrosiapilze sind im Gegensatz zu anderen Pilzen unempfindlich  gegenüber dem Zellgift Alkohol. Mit den Ambrosiapilzen „betreiben“ die  Käfer Landwirtschaft: sie bohren Löcher ins Holzund züchten dort die  Pilze, von denen sich die Käfer und deren Larven ernähren.
Publikation:
Jon A. Nuotclà, Peter H. W. Biedermann, and Michael Taborsky: Pathogen defence is a potential driver of social evolution in ambrosia beetles. Proceedings of the Royal Society B, Dez. 2019, doi.org/10.1098/rspb.2019.2332

(Robert Emmerich, JMU)
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