Eine botanische Besonderheit: extraflorale Nektarien an Lorbeerkirschen
Nektardrüsen sind meist in Blüten, um Bestäuberinsekten anzulocken (florale Nektarien). Foto: Szatmári Zsolt auf Pixabay
(21.8.2023) Im Sommer kann man in Hecken aus Lorbeerkirschen oft ein Summen und Brummen hören. Wer genauer nachschaut, sieht, dass sich Insekten an den Blättern laben. Nektarien sind Nektar- oder Honigdrüsen von Pflanzen, die zuckerhaltigen Saft ausscheiden, der gern von Bienen und anderen Insekten als Nahrung angenommen wird. Normalerweise befinden sie sich in Blüten (florale Nektarien), um Insekten anzulocken, die dann für die Verteilung des Pollens und die Bestäubung der Blüten sorgen.
Nektardrüsen, die außerhalb von Blüten sitzen (extraflorale Nektarien), sind im Pflanzenreich eher die Ausnahme und sollen vermutlich der Anlockung von Insekten zur Abwehr von Schädlingen dienen. In der Gattung Prunus (Kirschen, Pflaumen etc.) werden sie bei einigen Arten an der Basis der Blätter gebildet, zum Beispiel bei Süßkirschen. Am auffälligsten sind sie aber bei Lorbeerkirschen (Prunus laurocerasus), die im Volksmund Kirschlorbeer genannt werden. An den jungen Blättern, die sich ab Mai entfalten, sind dann zunächst kleine rote Flecke an der Blattbasis zu erkennen, je nach Sorte meist zwei links und zwei rechts der Mittelrippe. Es können aber auch deutlich mehr Drüsen sein. Mit der Zeit färben sie sich dunkler, scheiden kleine Nektartropfen aus, die von schwarzen Rußtaupilzen besiedelt werden können, sodass sich schmutzig aussehende Flecke bilden. Gleichzeitig ziehen sie aber auch eine Vielzahl von Insekten an, vor allem Ameisen, Wespen-Arten und Haarmücken, gelegentlich aber auch Bienen und andere Tiere.
Eine Besonderheit: extraflorale Nektarien
Charles Darwin berichtete schon 1892, dass Honigbienen die Nektartropfen der Nektarien der Blätter von Lorbeerkirschen aufsuchen. Neben Prunus-Arten können beispielsweise Akazien (Acacia), Wicken (Vicia), Trompetenbaum (Catalpa) und Philodendron solche extrafloralen Nektardrüsen an ihren Blättern, Nebenblättern oder Blattstielen bilden, aber am auffälligsten ist dieses Phänomen sicher bei den Lorbeerkirschen.
Zumeist befinden sich an den Blättern von Lorbeerkirschen vier Nektardrüsen.
Foto: Luis Fernández García, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.1 ES Deed
Foto: Luis Fernández García, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.1 ES Deed
Auch Lorbeerkirschen, die zum Beispiel in Hecken wegen des starken Schnitts keine Blüten bilden, können mit ihren extrafloralen Nektarien vielen Insekten Nahrung bieten.
Foto: Foto: H. Zell, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
Foto: Foto: H. Zell, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
Auch geschnitten nicht "nutzlos"
Den Lorbeerkirschen wird oft nachgesagt, sie seien für die Natur nutzlos, „selbst eine Betonmauer sei ökologisch wertvoller“. Das ist aber Unsinn, denn keine Pflanze ist „nutzlos“, sondern jede dient auf irgendeine Art und Weise anderen Lebewesen als Nahrungsquelle oder bietet ihnen Schutz. Wenn Lorbeerkirschen nicht oder wenig geschnitten werden, blühen sie im April/Mai, und werden wie die mit ihnen eng verwandten Obstbäume von einer Vielzahl von Insekten besucht. Wenn sie als Formgehölz oder Hecke gepflanzt und deswegen stark geschnitten werden, blühen sie allerdings kaum oder gar nicht, und deswegen geraten sie schnell in den Verdacht, „nutzlos“ zu sein. Die extrafloralen Nektardrüsen an den Blättern spenden aber auch bei den stark geschnittenen Pflanzen ohne Blüten eine Fülle an Nektar, daher sind bei Lorbeerkirschen, anders als bei den meisten anderen Pflanzen, auch Exemplare, die nicht blühen, interessant für Nektar suchende Insekten.
Schnitt bremst die Ausbreitung
Lorbeerkirschen sind sogenannte Neophyten und invasiv, das heißt ihre Samen können über Vögel verbreitet werden und sich auf Naturfläche ausbreiten, wo sie nicht hingehören. Aber wenn die Pflanzen beispielsweise in Hecken stark geschnitten werden, bilden sie keine oder kaum Samen aus und die Gefahr der Ausbreitung ist gering. Starker Schnitt ist in dieser Hinsicht also bei Lorbeerkirschen gut, denn einerseits werden Blütenbildung, Samenansatz sowie die Ausbreitung verhindert und andererseits finden Insekten an den extrafloralen Nektarien der Blätter trotzdem Nahrung.
Lorbeerkirschen nicht verbannen!
Ob man Lorbeerkirschen mit ihrem immergrünen Laub, das zugegebenermaßen manchmal recht langweilig aussehen kann, mag oder nicht, ist Geschmackssache. Lorbeerkirschen grundsätzlich zu verteufeln, wird ihnen aber nicht gerecht. Natürlich gibt es Pflanzen, deren Wert für die Natur je nach Blickwinkel der Betrachtenden höher eingeschätzt werden kann, aber wertlos sind sie keinesfalls. Und sie können im Garten wichtige Zwecke erfüllen, zum Beispiel auch im Winter blickdichten Sichtschutz, der ansonsten mit kaum einer Pflanze zu erreichen ist, sondern eher durch Steinmauern, deren Herstellung eine hohe Klimabelastung hervorruft.
(Quelle: IVA-Magazin / iva.de)
(Quelle: IVA-Magazin / iva.de)