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Die Robinie, eine nicht unumstrittene Baumart - Bäume

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Die Robinie, eine nicht unumstrittene Baumart
Die Robinie ist der Baum des Jahres 2020. Doch so schön sie ist, die Robinie ist nicht unumstritten.
Foto: Karl-Heinz Liebisch  / pixelio.de
(2.11.2019) Die Stiftung "Baum des Jahres" hat am  24.10.2019 die Robinie als Baum des Jahres 2020 ausgerufen. Mit ihrer  üppigen Blütenpracht ist die Robinie nicht zu übersehen. Im Frühsommer  leuchten ihre Kronen wie große weiße Wattebäusche an Waldrändern,  Feldgehölzen und in Ortschaften. Doch so schön sie ist: die Robinie ist  nicht unumstritten. Wir haben den Präsidenten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und  ausgewiesenen Baumexperten Olaf Schmidt zur Robinie als neuem Baum des  Jahres befragt.

Vor über 300 Jahren wurde die Robinie in Mitteleuropa eingeführt. Sie ist eine Meisterin im Besiedeln der unwirtlichsten Lebensräume, sie hat ein extrem haltbares Holz und ist  eine wertvolle und ausgiebige Bienenweide. Für die einen ist sie eine  zukunftssichere Baumart im Klimawandel, für die anderen ein invasiver  Neophyt, der Naturkleinode bedroht.

Wir haben den Präsidenten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und ausgewiesenen BauBaumexperten Olaf Schmidt zur Robinie als neuem Baum des Jahres befragt. Die aktuelle Neuerscheinung ↗"Trau! Schau! Wem? - Nichtheimische Baumarten in der Forstwirtschaft"  von LWF-aktuell liefert eine kritische Analyse zu Chancen und Risiken  dieser Baumarten für die Stabilisierung unserer Wälder im Klimawandel.

Sehr geehrter Herr Schmidt: Hat sie die Auswahl der Robinie als Baum des Jahres überrascht?

Olaf Schmidt: Nein, eigentlich war ich nicht überrascht, denn es standen drei Kandidaten zur Auswahl, Kornelkirsche, Silberpappel und Robinie, und da habe ich schon mit der  Robinie gerechnet. Kornelkirsche ist keine Baumart, auch wenn es  einzelne, alte baumförmige Kornelkirschen gibt, und die Silberpappel ist  eine Auwaldbaumart, ähnlich wie die Flatterulme als Baum des Jahres 2019.

Robinie – was fällt Ihnen dazu als Erstes ein?

Akazienhonig – die Robinie ist eine hervorragende Bienenweide und wurde daher auch aktiv von Imkern verbreitet.
Robinie am Ortseingang. Foto: Johann Seidl
Robinie am Ortseingang.
Foto: Johann Seidl
Robinie mit Marterl. Foto: Johann Seidl
Robinie mit Marterl.
Foto: Johann Seidl
Wie der wissenschaftliche Name Robinia pseudoacacia oder auch Scheinakazie nahelegt, gibt es Ähnlichkeiten zur südländischen Akazie. Welche sind das?

Die Robinie besitzt fein gefiederte Blätter und manchmal auch eine abgeflachte Kronenform, so dass sie gewisse äußere Ähnlichkeiten mit den echten Akazien aufweist. Die Akazien sind aber Baumarten aus den Subtropen und Tropen. Die Heimat der Robinie liegt im östlichen Nordamerika.

Was schätzen Sie als Förster an der Robinie

Ich schätze vor allem das sehr haltbare, dauerhafte Holz der Robinie. Es ist auch ohne Holzschutzmittel im Freien sehr dauerhaft, so dass es zum Beispiel für Gartenmöbel genutzt werden kann. Man spricht auch wegen seiner Haltbarkeit vom “Teak des Nordens”. In der Schutzwaldverbauung in den Alpen und bei Spielgeräten auf Spielplätzen spielt die Verwendung von Holz der Robinie eine große Rolle. Der Kern ist auffällig grünlich gefärbt. Bei der Bearbeitung des Robinienholzes müssen die Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden, da der Holzstaub der Robinie aufgrund der vielfältigen Inhaltsstoffe allergene Wirkung zeigen kann.

Welche ökologische Bedeutung hat die Robinie darüber hinaus?

Bei uns ist die Robinie ja nicht heimisch, aber unsere blütenbesuchenden Insekten, wie die Honigbiene, aber auch andere Insekten, wie zum Beispiel Schwebfliegen, lieben die Blüten der Robinie. Die Robinie blüht circa 2 Wochen so Ende Mai/Anfang Juni, sie ist hervorragender Nektarspender. Ihr Nektar enthält viel Fruktose und bleibt daher lange flüssig. Die weißen, duftenden Blüten sind eine wahre Augenweide und in Städten, Parks, Grünanlagen, an Waldrändern ist die Robinie ein ornamentaler Schmuckbaum.

Gibt es in Deutschland größere mehr oder minder reine Robinien-Waldbestände?

In Mitteleuropa gibt es die größten Robinien-Bestände in Ungarn, die dort fast 1/4 der gesamten ungarischen Waldfläche einnehmen. In Deutschland stocken Robinien-Bestände vor allem in Brandenburg, Sachsen und Rheinland-Pfalz. In Bayern wurde sie vor allem auf den sandigen Standorte vor allem im Regnitz-Gebiet um Nürnberg und Bamberg, forstlich angebaut. In der freien Landschaft sieht man Robinien häufig an Bahndämmen, auf Ruderalstandorten; in Sachsen und Brandenburg hat sie Bedeutung bei der Aufforstung von Bergbaufolgelandschaften bzw. von Halden.

Die Robinie hat als Pflanze in bestimmten Bereichen einen deutlich invasiven Charakter. Sehen sie eine Bedrohung durch die Robine?  

Die Robinie ist vom Verhalten her eine Pionierbaumart mit schnellem Jugendwachstum, frühzeitiger Fruktifikation, reicher Wurzelbrut und als Leguminose mit stickstoffsammelnden Bakterien an den Wurzeln. Diese Eigenschaften können zu einem invasivem Eindringen der Robinie in naturschutzfachlich wertvolle Biotope, zum Beispiel Trockenrasen und Magerstandorte führen. Durch ihr leicht zersetzliches Laub und durch ihre stickstoffsammelnden Wurzelbakterien kann sie Standorte verändern und eutrophieren. Es treten dann nitrophile Pflanzen, wie zum Beispiel Holunder, Brennnessel häufiger auf. Ein invasives Eindringen in Laubmischwälder auf mittleren und besseren Standorten ist nicht zu erwarten. Man muss die Ansprüche der Baumart kennen, dann kann man auch mit dieser Baumart umgehen. Meine Auffassung ist es sowieso, dass Baumarten die Biodiversität nicht bedrohen.

Woher kommt die Robinie und wann wurde sie nach Europa eingeführt?

Die Robinie stammt aus dem östlichen Nordamerika und sie wurde schon als eine der ersten amerikanischen Baumarten nach Europa im 17.Jahrhundert eingeführt. Ihr Name soll auf den französischen Botaniker Robin zurückgehen.

Besitzt die Robinie als Baumart bei uns Feinde bzw. Schaderreger?

Ja, an der Robinie treten vor allem als parasitische Holzpilze der Eschenbaumschwamm und der Schwefelporling auf. Unterdessen haben auch zwei Miniermotten an der Robinie und eine Gallmücke den Weg von ihrem Heimatgebiet nach Europa gefunden. Sie bedrohen aber die Robinie nicht. Vom Schalenwild und vom Weidevieh wird das eiweißreiche Laub der Robinie gerne gefressen. Die Rinde der Robinie ist aber giftig. Für Menschen sind alle Teile der Pflanze ungenießbar und schädlich.

Zum Schluss: Welcher der jetzt inzwischen 32 Bäume des Jahres ist ihr persönlicher Favorit?

Als Forstmann gefallen mir eigentlich alle Baumarten! Ich bin ja auch dendrologisch sehr interessiert! Aber wenn ich einen Favoriten nennen soll, dann ist es für mich die Vogelbeere! Diese Baumart begleitet mich seit meiner Kindheit und ich freue mich als Vogelfreund über den Besuch verschiedenster Vogelarten an der Vogelbeere, um dort die Beeren zu fressen.

Und welche Baumart würden Sie gerne nächste Jahr als Baum des Jahres nominiert sehen und warum?

Nun sind ja schon fast alle unserer Baumarten einmal Baum des Jahres gewesen. Wir besitzen ja in Mitteleuropa nur eine relativ kleine Baumartenanzahl. Aus waldökologischen Gründen würde ich mich über die Gemeine Traubenkirsche (Prunus padus) oder die Salweide (Salix caprea) als Baum des Jahres freuen.

Vielen Dank Herr Schmidt für das aufschlussreiche Interview!
(Das Interview führte Johann Seidl, LWF)

Weitere Informationen:
Forschungsprojekt der LWF zu seltenen Baumarten im Klimawandel
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