Europäische Waldpflanzen wandern gen Westen

Foto: creisi auf Pixabay
(19.10.2024) Dies sind die Ergebnisse einer in der Zeitschrift Science veröffentlichten Studie, an der drei Forschende des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv ↗) beteiligt waren. Die Studienergebnisse widersprechen der Annahme, dass hauptsächlich der Klimawandel für die Verschiebung der Artenverbreitung verantwortlich sei. Sie werfen ein neues Licht auf die Frage, wie Umweltfaktoren, und insbesondere Stickstoffeinträge, die Artenvielfalt verändern.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Arten nach Westen verlagern, ist laut der neuen Studie 2,6 Mal höher als dass sie sich nach Norden verlagern. Der Hauptgrund dafür: Hohe Stickstoffeinträge durch Luftverschmutzung, die eine rasche Ausbreitung stickstofftoleranter Pflanzenarten vor allem aus Osteuropa nach Westen ermöglichen. Die Ansiedlung konkurrenzstarker Arten in Gebieten mit hohen Stickstoffeinträgen geht oft auf Kosten hoch spezialisierter Pflanzenarten.

Der Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella) „wandert” mit einer Geschwindigkeit von knapp 5 Kilometern pro Jahr nach Westen und etwa 0,1 Kilometern pro Jahr nach Norden. Hauptgrund ist der atmosphärische Stickstoffeintrag. Foto: anfehoe auf Pixabay
Wichtigste Ergebnisse:
Europäische Waldpflanzen verschieben ihr Verbreitungsgebiet mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 3,6 Kilometern pro Jahr.
39 % der Pflanzenarten verlagern sich nach Westen. Nach Norden verlagern sich nur 15 % der Arten.
Überraschenderweise sind Stickstoffeinträge und nicht der Klimawandel Hauptfaktor für die Verlagerungen der Verbreitungsgebiete.
In der Studie wurden die Verschiebungen im Verbreitungsgebiet von 266 europäischen Waldpflanzenarten über mehrere Jahrzehnte analysiert; an einigen Standorten wurden die ersten Messungen schon 1933 gemacht.
Mehrere der symbolträchtigsten Wälder Europas wurden in diese Studie einbezogen, z. B. der Urwald Białowieża in Polen.
(iDiv)
Originalpublikation
Sanczuk, P., Bernhardt-Römermann, M., Bjorkmann, A., Jandt, U., Staude, I., De Frenne, P. (2024). Unexpected westward range shifts in European forest plants link to nitrogen deposition. Science. DOI: science.org/doi/10.1126/science.ado0878 ↗