Überhängender Walnussbaum - Natur und Recht

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Überhängender Walnussbaum
Überhängender Walnussbaum
Symbolfoto: Pixabay
(18.9.2021) Hat der Grundstücksnachbar einen Anspruch auf Rückschnitt eines Walnussbaums auf Basis einer früheren Vereinbarung zwischen den Nachbarn auch dann, wenn dieser vereinbarte Rückschnitt nunmehr mit ziemlicher Sicherheit zum Absterben des Baumes führen wird? - Diese Frage hatte die 13. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.  Urteil vom 12.07.2021 – Az 13 S 8/21 (rechtskräftig)  

Sachverhalt: Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück des Beklagten befinden sich in der Nähe der Grundstücksgrenze zum klägerischen Grundstück verschiedene Bäume und Sträucher, insbesondere ein großer Walnussbaum, dessen Zweige über die Grundstücksgrenze hinauswachsen. Die Parteien vereinbarten im Jahr 2015, dass der Beklagte die auf das benachbarte Grundstück überhängenden Äste beseitigt und den Nussbaum zudem kürzt. Da dies nicht geschah, erhob der Kläger im Dezember 2018 die hiesige Klage, da er durch den erhöhten Laub- und Fruchteintrag beeinträchtigt sei und zudem sein Pool durch den Walnussbaum verschattet werde. Der Beklagte entfernte während des Rechtsstreits einen Teil des Überwuchses und schnitt den Baum zurück. Der Umfang des Rückschnitts reichte dem Kläger jedoch nicht, da er nicht der damaligen Vereinbarung entsprach. Der Beklagte berief sich wegen des Alters des Baums auf Bestandsschutz. Es handele sich bei Laub- und Fruchteinfall zudem um naturgemäße und als ortsüblich hinzunehmende Beeinträchtigungen. Er behauptete zudem, dass die Vitalität des Baums durch den letzten Rückschnitt schon eingeschränkt sei und der Baum bei einem erneuten Rückschnitt absterben werde.  

Die Entscheidung - Urteil vom 12.07.2021 – Az 13 S 8/21 (rechtskräftig)

Die 13. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat den Beklagten zur uneingeschränkten Beseitigung des Überwuchses verurteilt und festgestellt, dass Überwuchs grundsätzlich eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks im Sinne der §§ 910, 1004 BGB darstellt. Ein Anspruch auf Beseitigung des Überwuchses ist allenfalls dann ausgeschlossen, wenn die Beeinträchtigung des Nachbarn gemäß     § 910 Abs. 2 BGB nur ganz unerheblich ist. Die Verschmutzung des Pools des Klägers durch Laub und Früchte wie auch dessen Verschattung stellt jedoch eine Beeinträchtigung dar, die nicht nur unwesentlich ist. Daher wurde der Beklagte zu einer Beseitigung des Überhangs verurteilt.   

Eine sofortige Kürzung des Walnussbaums ließ die Kammer dagegen nicht zu, obwohl dies grundsätzlich der Vereinbarung der Parteien aus dem Jahr 2015 entsprochen hätte. Der gerichtliche Sachverständige hatte jedoch zuvor festgestellt, dass der Baum bei dem vereinbarten Rückschnitt mit hoher Wahrscheinlichkeit absterben werde. Daher leitete die Kammer aus § 242 BGB in seiner Ausprägung als Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ab, dass der Anspruch aus der Vereinbarung so zu modifizieren sei, dass ein Erhalt des Baumes noch möglich sei. Ansonsten führt der Rückschnitt zu einem Absterben und damit zu einer faktischen Beseitigung des Baums, auf die der Kläger keinen rechtlichen Anspruch hat. Maßgebend war hier zudem, dass der Kläger nach den nachbarrechtlichen Regelungen keinen Anspruch auf Kappung in der Höhe gehabt hätte, da der Baum auf Grund seines Alters Bestandsschutz genießt. Wenn sich der Beklagte dann in einer Vereinbarung mit dem Nachbarn zu einem Rückschnitt über seine eigentliche rechtliche Verpflichtung hinaus bereit erklärt hat, gebietet es das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis nach Auffassung der Kammer, dem Beklagten nunmehr die Möglichkeit einzuräumen, diesen Rückschnitt nicht sofort und in vollem Umfang durchzuführen, sondern so wie der Sachverständige es vorgeschlagen hat, in kleineren Abschnitten über mehrere Jahre hinweg bis die vereinbarte Höhe erreicht ist, um den Baum zu erhalten.  

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch  

§ 242 Leistung nach Treu und Glauben
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.  

§ 910 Überhang
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

§ 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(Katrin Weinert, Richterin am Amtsgericht)
Quelle: Justizmedienstelle des Landgerichts Koblenz Koblenz, 13.08.2021
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