Zeppelin unterwegs im Harzer Vorland
Einsatz eines Luftschiffs zur Bodenfeuchtemessung im Harz. Foto: Martin Schrön / UFZ
(29.10.2023) Für Aufsehen hat am 17. 10. 2023 im Selkegebiet im nordöstlichen Harzvorland ein Luftschiff gesorgt, mit dem Forschende des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) unterwegs waren. Aus dem 41 Meter langen Zeppelin heraus haben sie in einer Höhe von bis zu 50 Metern über der Erde die Bodenfeuchte mithilfe kosmischer Neutronen gemessen.
Das Selketal im Harzer Vorland ist Teil der Gebietskulisse des Mitteldeutschen Tiefland-Observatoriums, das zum TERENO ↗ zählt. Forschende der Helmholtz-Gemeinschaft analysieren dort, koordiniert vom UFZ, den Einfluss des globalen Klimawandels sowie von Landnutzungsänderungen, sozio-ökonomischen Entwicklungen und menschlichen Eingriffen auf terrestrische Ökosysteme. Ein wichtiger Aspekt dabei ist auch die Bodenfeuchte, denn sie gibt wieder, wie viel Wasser die oberste Bodenschicht bis in einer Tiefe von 50 Zentimetern enthält - ein zentraler Parameter vor allem für die Forst- und Landwirtschaft.
Bei der Bestimmung der Bodenfeuchte setzen der UFZ-Physiker Dr. Martin Schrön und sein Team vom Department Monitoring- und Erkundungstechnologien auf Cosmic-Ray Neutron Sensing (CRNS), eine mobile, berührungsfreie Technologie, die ihren Namen kosmischen Ereignissen, wie Sternenexplosionen verdankt. Sie basiert darauf, dass ein Neutronendetektor die Neutronen in der Luft zählt, die durch den Eintritt der kosmischen Strahlung in die Erdatmosphäre entstehen. Diese Teilchen dringen auch in den Boden ein und werden zumeist zurück in die Luft reflektiert. Treffen sie aber auf Wasserstoffatome, werden sie stark abgebremst und bleiben im Boden. Da Wasser zwei Wasserstoffatome enthält, kann mit dem Neutronenzähler die Bodenfeuchte gemessen werden.
Cosmic Ray-Technologie. Abb.: Martin Künsting / REKLIM
Im Selketal gibt es bereits einzelne Messstationen, an denen seit einigen Jahren Daten zur Bodenfeuchte auf diese Weise erhoben werden. Martin Schrön hat zudem mobile Messungen mit dem Auto und per Zug durchgeführt. "Wir wollten jetzt aber untersuchen, ob die bisherigen Messergebnisse auch für das gesamte Gebiet repräsentativ sind", sagt er. Dafür brauche es großflächige Messungen, die auch die Gebiete einschließen, die mit dem Auto nicht befahrbar sind - etwa, weil sie so bergig sind, unter Schutz stehen oder bewirtschaftet sind. Deshalb kommt nun das Luftschiff zum Einsatz. "Soweit mir bekannt ist, ist diese Methode weltweit neu", ergänzt er.
Erprobt haben die UFZ-Forscher die Idee erstmals zusammen mit in der Hochschule Anhalt in einem Gyrokopter. Vor drei Jahren dann konnten erste Erfahrungen mit einem Zeppelin in der Eifel gesammelt werden. In der zweiten Phase des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Projekts "Cosmic Sense" ↗, das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus neun Forschungsinstituten und Universitäten in Deutschland und Österreich zusammenbringt, um CRNS im Zusammenspiel mit anderen Methoden weiterzuentwickeln, wurde die Methodik nun im Selketal auf einem deutlich größeren Gebiet erprobt. Die Messung findet im Rahmen einer Intensivmesskampagne statt, bei der die Projektpartner insgesamt 18 bodengestützte Neutronendetektoren für einen Zeitraum von knapp 6 Monaten betreiben. Sie sollen dazu dienen, die hydrologischen Prozesse im Selke-Einzugsgebiet ganzheitlich zu verstehen und Modellrechnungen zu unterstützen, auf denen z.B. auch der UFZ-Dürremonitor basiert.
(UFZ)