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Waagrechte Bäume
Arboristik-Baumpflege-Baumschutz
Veröffentlicht in Stadtgrün · Mittwoch 29 Apr 2020
Foto: Universität Hohenheim/Corinna Schmid


(29.4.2020) An diesem Anblick  gewöhnt man sich wohl nicht so schnell: Am VHS-Gebäude auf dem  Rotebühlplatz in Stuttgart entsteht vom 4. bis zum 6. Mai der vertikale  Fassadengarten des Hohenheimer Startups Visioverdis.

Visioverdis  zielt auf eine innovative Begrünung von Städten und Mega-Citys ab: Wo  Platz für Parks fehlt, können grüne Gebäudefassaden etabliert werden.  Dabei reicht der positive Effekt weit über die Ästhetik hinaus: Diese  Pflanzenwände wirken als Lärmdämpfer, binden Kohlenstoffdioxid,  verbessern die Luftqualität und haben im Sommer eine kühlende Wirkung.  Bis März 2020 war die Installation auf dem Campus der Universität  Hohenheim in Stuttgart zu bestaunen. Jetzt soll sie dauerhaft in der  Stuttgarter Innenstadt bleiben.

Zum 200.  Universitätsjubiläum stand die Pflanzenfassade mit 3 waagrechten,  rotierenden Bäumen auf dem Hohenheimer Campus. Nun steht der Umzug zum  Rotebühltreff am Rotebühlplatz an. Die Stadt Stuttgart hat die 8,50  Meter lange und 3,50 Meter breite Garteninstallation gekauft. Diese soll  nun auf zehn Meter Höhe freihängend installiert werden. „Das  Bedürfnis, Großstädte begrünen zu wollen, wächst stetig. Nicht nur die  Stadt Stuttgart, sondern auch Firmen aus anderen Städten und aus dem  Ausland kontaktieren uns“, sagt Dr. Alina Schick, Gründerin und  Geschäftsführerin von Visioverdis.

Das  Besondere des Fassadengartens besteht darin, dass die Ligusterbäumchen  rotieren: Durch die Rotation verändert sich für die Pflanzen die  Schwerkraft- und Lichtwahrnehmung, sodass diese stets horizontal  wachsen. Pro Minute sind es zwischen 0,1 und 1,6 Umdrehungen. Zudem  bleiben die Bäume klein, es wachsen dafür mehr grüne Blätter als bei der  herkömmlichen Pflanzung.

Autonome Pflanzen mit sensorgesteuerter Bewässerung

GraviPlant  nennt Visioverdis diese Idee, um Großstädte mit wenig Raum zu begrünen.  Seit 2011 forscht Dr. Schick an den waagerecht wachsenden Pflanzen und  entwickelte ein Technologie-Konzept: Die Fassaden sind mit LAN, Wasser-  und Stromleitung verbunden, sodass die Pflanzen automatisch versorgen  werden. Sensoren steuern Bewässerung, Rotation und LED-Beleuchtung.
Hinter  Visioverdis Philosophie steckt die Gestaltung eines modernen,  attraktiven Stadtbilds, vor allem aber die Verbesserung der  Luftqualität: Mehr Pflanzen filtern mehr Schadstoff und produzieren  zusätzlichen Sauerstoff. GraviPlants könnten deshalb vor allem für die  Mega-Citys im asiatischen Raum eine Lösung sein.

Grüne Klimaanlagen mit geringem Energiebedarf

„Das  botanische Potential der Pflanzen wird oft vergessen. GraviPlants sind  omnipotent, also echte ‚Allrounder’: Im Vergleich zu Klimaanlagen,  benötigen sie weniger Energiekosten, bezwecken neben der Fassadenkühlung  aber auch Luftreinigung, fungieren als Feinstaubfilter und haben einen  ästhetischen Anblick,“ sagt Schick. Die  promovierte Agrarwissenschaftlerin und Gravitationsbiologin hat sich  bereits 2009 mit der Schwerkraftwahrnehmung von Pflanzen  auseinandergesetzt, indem sie Pflanzen mit Hilfe von  Waschmaschinenmotoren drehte. Obwohl es bereits jahrzehntelange  Forschung im Bereich Gravitation und Pflanzen gibt, ist Visioverdis in  seiner Branche Vorreiter.

Oberbürgermeister  Fritz Kuhn freut sich über die Verschönerung auf dem Rotebühlplatz:  „Die Stadt wird im Sommer heißer, sodass wir zur Kühlung mehr Grün  ausbringen müssen. Mich freut besonders, dass wir für den Fassadengarten  eines Stuttgarter Start-Ups einen so prominenten und geeigneten  Standort am Rotebühlplatz gefunden haben.“
Bereits  auf dem Campus der Universität Hohenheim sorgte der vertikale Garten  für Aufmerksamkeit und Reflexion über grüne Stadträume. Dr. Schick hofft  auf eine ähnliche Reaktion bei den vorbeigehenden Bürgern in der  Innenstadt.
(Jung / Klebs)


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