Rohstoff Rinde
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(4.2.2023) Baumrinde eignet sich möglicherweise als ähnlich vielseitiger Werkstoff wie Holz. Ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam hat Baumrinde zu Platten gepresst, die ähnliche mechanische Eigenschaften aufweisen wie Pressspanplatten, aber keinen Klebstoff enthalten. Solche Platten könnten etwa in der Möbel- oder Verpackungsindustrie Anwendung finden.
Baumrinde gilt in der Holzwirtschaft bislang eher als minderwertiges Abfallprodukt. Zwar enthält sie diverse nützliche Chemikalien, wird auch allenthalben zum Mulchen im Garten verwendet und manchmal auch zur Energiegewinnung verbrannt, findet aber längst nicht so vielfältige Anwendung wie Holz. Nun könnten sich aber neue Einsatzmöglichkeiten für Baumrinde ergeben. Denn ein Team um Charlett Wenig und Michaela Eder, die am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung forschen, haben die Rinde von Birken, Eichen, Lärchen und Kiefern zu Platten gepresst, die ähnlich hohe Biegebelastungen aushalten wie Pressspanplatten.
Zu diesem Zweck schälten die Forscherinnen zunächst handtuchgroße Rindenstücken von den Bäumen, brachten sie in eine ebene Form, indem sie die Platten in einem Holzgestell einspannten, und trockneten sie. Dann legten sie jeweils zwei Rindenstücke mit den borkigen Außenseiten aufeinander, und zwar so, dass sie der Wuchsrichtung nach kreuzweise übereinander lagen. Nun pressten sie die Rinden bei 90 Grad Celsius 20 Minuten lang mit Drücken von 20 beziehungsweise 97 Bar zusammen. Und obwohl sie keinen Klebstoff verwendeten, verbanden sich die Rindenstücke zu einem stabilen Gefüge, wobei sich die Sandwiches aus Eichenrinde im Vergleich zu solchen aus Lärchenrinde als deutlich stabiler erwiesen. „Ein großer Vorteil von ‚reinen‘ Einkomponentenprodukten ist, dass nach ihrer Nutzung keine Trennung der Komponenten erforderlich ist,“ sagt Charlett Wenig. Warum sich die Rindenplatten unter Druck und mit Wärme stabil verbinden, können die Forscherinnen und Forscher noch nicht erklären.
Vielversprechendes Material: Ein Team des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung hat die Rinde von Kiefer (Pine), Birke (Birch), Lärche (Larch) und Eiche (Oak) zu stabilen Platten gepresst. Foto: PLOS ONE, cc-by 4.0
Die Struktur und Eigenschaften der Rindenplatten analysierte das Team mit diversen Methoden. Neben den Biegetests, bestimmten sie auch die Rauhigkeit der Oberfläche, nahmen Dichtemessungen vor und durchleuchteten die Materialien mithilfe der Mikrocomputertomografie. So stellten sie etwa fest, dass die Platten beim Pressen ähnlich glatt wurden wie geschliffene Holzoberflächen. Zudem untersuchten die Forschenden, wie stark die Platten bei Änderungen der Luftfeuchtigkeit aufquollen - ein wichtiges Merkmal von Holzwerkstoffen, da der Feuchtigkeitsgehalt auch die Eigenschaften beeinflusst. Demnach dehnten sich die Proben bei hoher Luftfeuchtigkeit um wenige Prozent aus. Wobei dies vor allem davon abhing, wie viel Feuchtigkeit die Rinden vor der Verarbeitung zu Platten enthielt. Dass Rinde sich auch formen lässt, wies das Team schließlich nach, indem sie Rindenstücke in U-förmig gebogene Formen presste. Nun will das Team weiter untersuchen, wie sich die Eigenschaften der Rindenplatten durch Variationen von Druck und Temperatur bei der Verarbeitung weiter verbessern lassen.
(MPIKG/PH)